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Creative Science

#1

FremdSein

in Literatur 30.01.2012 16:51
von Xabotis

Neuling

| 21 Beiträge


Hallo zusammen,

da ich vor einiger Zeit auf einen Wettbewerb mit dem netten Thema "FremdSein" gestoßen bin, dachte ich, auch mal mein Glück zu versuchen. ich bin den Titel mal von einer, ich denke doch, anderen Perspektive angegangen, lade aber jeden ganz herzlich ein, seinen eigenen Beitrag auf Basis dieses Wortes aus der ihm/ihr eigenen Perspektive zu starten. Hier ist mein Text:



SEIn

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.“
(Johann Wolfgang v. Goethe)


Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.
Gut sei der Mensch, moralisch, edel, fein, perfekt, die Krone der Schöpfung.
Die Krone der Schöpfung. Auf das ihr nur kein Zacken daraus fiele. Was ist der Mensch? Der Mensch ist. Er ist und ist und hat nicht mehr den Wunsch zu sein.

All dieser Wust von Gedanken. Und am Ende nützt all dieses Denken nichts, da ist man wieder nur noch Mensch. Das tun doch die Philosophen, sie sagen, wie du sein musst und selber wissen sie´s nicht, sie sagen alle was anderes, meinen dasselbe und das Gegenteil und nichts, was nicht auch verpflichtet und dann, wenn der Mensch gerade weiß, wie er sein muss, um sagen zu können: ICH BIN MENSCH!!!!...da ist er sich schon nicht mehr sicher, dass er´s noch ist. Aber er muss auf jeden Fall irgendwie sein, ja, er muss, sonst kann er nicht sein, wenn er nicht vorher was musste.

Doch wie muss der Mensch sein? Muss ich denn überhaupt müssen, um Mensch zu sein? Kann ich nicht einfach Mensch sein? Muss ich denn etwas müssen, um Mensch zu sein? Der Mensch ist frei, das sagt doch jeder aufgeklärte Mensch. Das heißt doch, dass ich nichts muss.
Und trotzdem verlangt der Mensch vom Mensch, er müsse so und so sein. Da kommen sie wieder die Philosophen. „Du musst…“

Ich bin. Daran glaube ich. Es ist die Prämisse, um überhaupt etwas…tun zu können. Also bin ich, dann tue ich, dann grenze ich ein, was ich tun muss. Aber zuerst bin ich. Ich bin Mensch.

Wenn ich weiß, was ich bin, wenn ich bin, was ich bin, dann bin ich doch gut. Wenn ich einfach bin. Warum? Weil ich bin, wie ich bin. Und das allein macht mich doch echt und wenn ich nicht dazu da wäre, dann wäre ich doch nicht da. Ich bin, um gut zu sein, genau so, nicht anders. Und wenn ich das verlerne, dann bin ich zwar noch, aber ich bin nicht mehr so, wie ich zu sein bestimmt war, wie ich war…am Anfang. Ich bin noch, ich kann auch noch gut sein, aber ich bin mir selbst fremd, ein Fremder, der so ist, wie ein anderer mal war, dann bin ich nicht mehr ich, dann habe ich doch keinen Sinn, ja, wenn ich nicht mehr so bin wie ich war…bin ICH dann überhaupt noch?

Ich bin gut, oder schlecht. Wäre ich schlecht, dann wäre ich zur Zerstörung geboren. Ich bin aber eher ein Typ des Aufbaus, ich bin eher einer der Guten. Das hat man mir nicht eingeredet, das war immer so. Das war bei allen so. Ich bin eigentlich gut. Warum soll ich dann nicht so sein, wie ich bin?

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Das ist er. Aber er ist nicht mehr und daher macht er manchmal das Falsche, weil er nicht mehr sicher sein kann, was gut ist, denn er ist nicht mehr, wie er ist, er ist sich fremd. Fremd zu sein…das ist doch das schlimme. Nicht das sein an sich, nicht das Fremde an sich, denn das Fremde ist doch nur ein Teil des Ganzen und doch nur für mich fremd, also eigentlich ist die Fremde nicht fremd, sondern ich sehe sie nur falsch. Aber wen man fremd ist, dann ist man fremd. Und fremd sein will doch niemand.

Ich bin ja auch in ihnen nicht so, wie in meiner Stimme, also ich bin in ihnen anders als in dem Typen, der mein sein aufschreibt. Ich bin ein Teil von ihnen, ich bin ein Gedanke, fließend, immer da, ich verändere mich, aber ich bleibe ich. Ich bleibe ein Gedanke und wenn ein Gedanke immer so sein kann, wie er ist, dann sollte die Krönung der Schöpfung das doch auch können. Oder bin ich vielleicht doch nur ein falscher Gedanke. Bin ich vielleicht doch fremd?


"There is nothing, neither good nor evil,
but human thinking makes it so."
(William Shakespeare)

zuletzt bearbeitet 31.01.2012 20:51 | nach oben springen

#2

RE: FremdSein

in Literatur 31.01.2012 21:29
von Einsiedler

Diskussionsleiter

| 231 Beiträge


Hi Xabotis, ich freue mich, dass du zu uns gestoßen bist und dich mit deinen Gedanken einbringst.
Deine Gedanke zum Thema sind gut und ich überlege, ob sich Menschen tatsächlich oft fremd sind. Auf alle Fälle kann es sein, dass mancher tatsächlich wenig über sich weiß, sich einfach selbst nicht genug kennt.. Dem Gedanken sollte man nachgehen. Dabei fällt mir auf, dass Goethe nich sagt: "Edel ist der Mensch...". Er sagt SEI und das ist Forderung und Anforderung zugleich und für viele, aus unterschiedlichen Gründen, nicht so zu schaffen.
Ein Gedicht fand ich unter meinen Gedichten und ich hoffe, es triftt auch den Sinn deiner Überlegungen.

ungebrochen

geboren um zu sein
leben zum werden
bin ich wer
dass ich sein kann

gehen auf scherben
mit blutender seele
erstorben die tränen

ausgetrocknet des lebens fluss
erstarrt vom müssen
nicht dürfen und sollen
rollen wollen – überrollt

daseinsberechtigt – wozu
wie ein zombie – noch leb ich
scherbenlauf ist einschneidend

kann es sein dass ich noch bin
lebensgeister aus den scherben
ausgetrocknet tränenleer
scherbenmeer zum mosaik

trick des spiegels
welt ist seitenverkehrt
scherbenhaufen gibt kein bild

trete weg die scherben
ungebückt geh aufrecht
denn ich werde sein
weil ich bin

leben weil geboren
geworden was ich kann
trotz scherben ungebrochen


Liebe Grüße vom Einsiedler


Nimm dein Leben wie es geht und versuche Schritt zu halten.

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#3

RE: FremdSein

in Literatur 01.02.2012 12:56
von Xabotis

Neuling

| 21 Beiträge


Ja, die Idee: Bin ich noch ich selbst, oder bin ich mir fremd, spiegelt sich deutlich auch in deinem Gedicht wieder, allerdings ist dein Erzähler zumindest einer Entfremdung bewusst.

Meine zentralen Aussagen beruhen ja auf der Tatsache, dass die entfremdung selbst nicht wahrgenommen wird, dass erst durch den Gedanken, der hier spricht, überhaupt die Idee aufkommt, das Sein infrage zu stellen.


"There is nothing, neither good nor evil,
but human thinking makes it so."
(William Shakespeare)

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#4

RE: FremdSein

in Literatur 02.02.2012 20:51
von Einsiedler

Diskussionsleiter

| 231 Beiträge


Irgendwie habe ich auch einen Kontrast geschaffen bzw. ein Gedicht gefunden welches ich vor zwei Jahren schrieb.
Da ich die Aussage schon passend zum Thema finde, brachte ich es ein.
Das Gedicht beschreibt auch nicht meine persönlichen Empfindungen, sondern das was ich mit Jugendlichen erlebte - ihren Kampf mit sich klar zu kommen.
Da ich das Gedicht hervor gekramt hatt, stellte ich es auch bei Facebook ein und kurze Zeit später fragte mich ein Bekannter (er ist Lehrer) ob es mir gut geht oder ob er sich Sorgen um mich machen muss?


Nimm dein Leben wie es geht und versuche Schritt zu halten.

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#5

RE: FremdSein

in Literatur 02.02.2012 21:55
von Xabotis

Neuling

| 21 Beiträge


Ja, sowas kann passieren, als ich neulich ein Liebesgedicht veröffentlichte, sprach mich ein Freund an: "Dich hat´s aber voll erwischt, was."


"There is nothing, neither good nor evil,
but human thinking makes it so."
(William Shakespeare)

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#6

RE: FremdSein

in Literatur 28.05.2014 14:37
von Jokla

Anfänger

| 10 Beiträge


Da ich selbst nicht so begabt bin, was solche Schriftstücke angeht, muss ich aber auch mal fragen: Wenn ich solch enormen Gefühle und Emotionen verschriftliche, hat das dann nicht auch immer etwas mit meinem Selbst zu tun? Kafka galt nicht umsonst als depressiv und Goethe nicht umsonst als Mann, der das Leben zu genießen wusste. Oder lieg ich da falsch?


"Diese Strahlen des Herrn Röntgen werden sich als Betrug herausstellen."

Lord William Thompson Kelvin
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#7

RE: FremdSein

in Literatur 22.09.2014 22:28
von glückskind

Anfänger

| 10 Beiträge


Woe, nicht schlecht! Sowas muss man erstmal formulieren können.


Nulla vita sine musica
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#8

RE: FremdSein

in Literatur 22.09.2014 22:28
von glückskind

Anfänger

| 10 Beiträge


Das kommt wirklich alles von euch?


Nulla vita sine musica
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